a)
Angenommen, der Test erfolge in einem Land, in dem kein Tropfen Alkohol getrunken wird. Dann wird sich dennoch bei jedem hundersten Probanden das Röhrchen verfärben. Es gäbe also sehr wohl positive Tests, diese wären aber sämtlich falsch. In keinem einzigen Fall wäre eine Blutprobe berechtigt. Wenn der Einsatz des Tests nicht sinnlos sein soll, muss man annehmen, dass es überhaupt Alkoholfahrer gibt. Wir werden sehen, wie diese Annahmen beim vorliegenden Test ausfallen müssen, damit die Anordnung des Streifenführers als begründet erscheint.

b)
Bei der Konstruktion der Diagramme geht die Annahme ein, dass die Auswahl der Probanden zufällig erfolgt. Eine Stichprobe ist nur dann zufällig, wenn die Chance, in die Stichprobe zu kommen, nicht vom untersuchten Merkmal abhängt. Würde z.B. ein Vorauskommando der Polizei an einer Raststätte Acht geben, welche Fahrer nach einem Alkoholgenuss ins Auto steigen und diese an ihre Kollegen melden, so wäre die Chance, in die Stichprobe zu kommen, bei wenigstens einigen der Probanden vom vorherigen Alkoholgenuss abhängig.
 

1

p(B) = p(A ∩ B) + p(A ∩ B) = 0,01 ; p(A|B) = p(A ∩ B)/p(B) = 0 : keiner der positiv Getesteten ist Alkoholfahrer, wie es hier ja auch sein muss

2

p(B) = p(A ∩ B) + p(A ∩ B) = 0,01094 ; p(A|B) = p(A ∩ B)/p(B) = 0,0868 : Erst 8,7% der positiv Getesteten sind Alkoholfahrer; der Anteil der positiv Getesteten an allen Probanden ist mit einem Prozent rund zehnmal (!) größer als der Anteil der Alkoholfahrer an der Zahl der Autofahrer.

3

p(B) = p(A ∩ B) + p(A ∩ B) = 0,0194 ; p(A|B) = p(A ∩ B)/p(B) = 0,4897 : Jetzt sind knapp die Hälfte, 48,97%, der positiv Getesteten Alkoholfahrer. Knapp 2% der Probanden wurden positiv getestet; das ist immer noch doppelt so groß wie der Anteil der Alkoholfahrer an den Autofahrern.

Wir gehen jetzt ins Land der Alkoholiker am Steuer:

4

p(B) = p(A ∩ B) + p(A ∩ B) = 0,104 ; p(A|B) = p(A ∩ B)/p(B) = 0,913 : Jetzt erst nähert sich der Anteil der positiv Getesteten p(B) dem Anteil der Alkoholfahrer sehr genau an. Unter den positiv Getesteten sind mehr als 90 Prozent wirklich Schuldige.

Weniger verwundern wird, dass die Anteile an allen Probanden, die keine Alkoholfahrer sind und positiv getestet werden ( p(A|B)) sowie derer, die keine Alkoholfahrer sind und negativ getestet werden ( p(A|B) ) , mit zunehmender Alkoholisierung der Fahrer sinkt: Es geraten dann eben relativ weniger Nicht-Alkoholfahrer in die Kontrolle.

Woran könnte es liegen, dass die meisten Menschen, die erstmals mit dem Problem befasst werden, die Entscheidung des Streifenführers für angemessen halten? Prof. Dr. Rüßmann berichtet, dass in seiner Vorlesung einmal 39 von 40 Befragten dieser Meinung waren.

Vielleicht wird der Grenzfall – viele Alkoholfahrer vorhanden – als der Normalfall gesehen. Vielleicht wird übersehen, dass die beeindruckend hohe Zahl von 95 % Treffern nur erzielt werden würde, wenn alle Probanden alkoholisiert wären. Und dass die Fehlerquote von 1% nur dann vernachlässigbar klein wäre, wenn so viele Alkoholfahrer unterwegs wären, dass die Zahl der zurecht positiv Getesteten die der fälschlich Beschuldigten weit übertrifft. Der Test kann seine Stärke erst ausspielen, wenn genügend viele „Kandidaten“ im Strom der möglichen Probanden vorhanden sind – im gegebenen Fall sind das immerhin gegen 10% aller Autofahrer.

 

Die in dieser Aufgabe verwendeten Beziehungen:

 

p(A|B) = p(A ∩ B)/p(B) oder p(A|B) = p(A)•p(B|A)/p(B).

sind Varianten der Formel von Bayes . Man erhält eine weitere Variante, wenn man in der ersten Gleichung im Nenner die Beziehung p(B) = p(A ∩ B)+ p(A ∩ B) verwendet, den Bruch durch p(A ∩ B) kürzt und schließlich noch p(A ∩ B) = p(A)•p(B|A) und

p(A ∩ B) = p(A)•p(B|A ) einsetzt.

Mit Hilfe der Formel von Bayes kann man p(A|B) bei bekanntem p(B|A) ausrechnen.